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Die Stadt der Krähen

Wiener Wildnis

Die Stadt der Krähen

Wien ohne Krähen wäre ein seltsames Bild – die schwarzen Vögel sind in der Stadt und natürlich vor unserer Kamera ständig präsent. Beliebtes Fotomotiv für uns, einzigartiges Forschungsobjekt für Thomas Bugnyar. Der Kognitionsbiologe und Professor im Gespräch mit Wiener Wildnis über die Krähen in der Stadt.

„Scheiß Viecher“ behauptet eine ältere Dame, als die Straßenbahn an einem Schlafbaum der Saatkrähen vorbei tingelt, „ aber g´scheit sind die schon“. Thomas Bugnyar, Biologe und Leiter des Departments für Kognitionsbiologie an der Universität Wien, freut sich darüber. Nicht über die Scheiß Viecher – jedoch über das Anerkennen ihrer Intelligenz.

Denn als Doktor Bugnyar 1996 mit seiner Arbeit begann, war das Bild von Krähen und Raben noch ein völlig anderes. Nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Naturwissenschaft. Zugegeben – ihren Ruf als Todesvögel konnten sie nach dem Mittelalter abschütteln, ein negativ dotiertes Bild blieb hingegen bis heute. Als Gefahr für Singvögel und Niederwild wurden sie lange gejagt. Dass Kolkraben (wie auch Krähen) selbst zur Ordnung der Singvögel gehören, half ihnen als Argumentationsgrundlage wenig. Bis in die Nachkriegsjahre hinein wurden sie in Kleinst-refugien in den Alpen verdrängt. In der Naturwissenschaft wurden sie, zwar weniger brutal, aber dennoch schlichtweg unterschätzt.

Lange nahm man fälschlicherweise an, dass den Vögeln cortex-ähnliche Gehirnstrukturen fehlen. Diese schichtartig aufgebaute Gehirnrinde ist typisch für Säugetiere. Sie verarbeitet nicht nur Sinneseindrücke und speichert Informationen, sondern ist auch für das zielgerichtete Handeln selbst unerlässlich. Kein Cortex – keine Intelligenz. Eine alternative Sichtweise ist, dass das Vogelgehirn zwar anders aufgebaut, in seiner Funktion aber dem von Säugetieren nicht unbedingt unterlegen ist. „Man kann es sich wie einen Chocolate Chip Muffin vorstellen“, erklärt Bugnyar, „demgegenüber der Schichttortenaufbau eines Säugetiergehirnes steht.“ Die Schokostückchen als Verdichtungen von Nervenzellen sozusagen. Das Vogelgehirn sieht also anders aus, ist auf Grund seines besonderen Aufbaus jedoch ebenso leistungsfähig, wie das eines, um ein Vielfaches größeren Säugers.

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